Die EU streicht die Möglichkeiten für Studenten der ungarischen „Stiftungsunis“ das Erasmus-Programm in Anspruch zu nehmen. Im Laufe der vergangenen Jahre ist nämlich ein „Raub“ ungarischer Bildungseinrichtungen erfolgt, indem der Staat selbst große Unis an Stiftungen überschrieb, die von Fidesz-Politikern geleitet werden. Damit wurde die ungarische Bildungslandschaft zu großen Teilen orange eingefärbt und der öffentlichen Hand entzogen, was Fidesz auch nach einem Regimewechsel den Einfluss auf die Bildungslandschaft sichert.
21 ungarische Universitäten, die als öffentliche Stiftungen organisiert sind oder von solchen Stiftungen unterhalten werden, werden künftig keine Geldmittel aus dem von der Europäischen Union finanzierten Austauschprogramm Erasmus+ erhalten können, weiß die Népszava zu berichten. Nach Angaben der Zeitung habe die Europäische Kommission dies Ende Dezember den ungarischen Behörden mitgeteilt, die für die Verwaltung der Stiftungen zuständig sind.

Die Aussetzung der Unterstützung gilt auch für das Rahmenprogramm für Forschung und Innovation „Horizon Europe“ und betrifft alle Einreichungen, die nach dem 15. Dezember 2022 bewertet werden.
Insgesamt sind 21 ungarische Universitäten betroffen, da viele von ihnen als Stiftungen organisiert sind.
Der Zeitung zufolge wird die Entscheidung damit begründet, dass „die Orbán-Regierung die von Stiftungen betriebenen Universitäten weiterhin unter der Kontrolle von Fidesz-Politikern hält“. Die Zeitung führt weiter aus, dass die Entscheidung von den EU-Finanzministern am 15. Dezember getroffen wurde, als diese fast ein Drittel der Geldmittel aus dem Kohäsionsfonds, die Ungarn zwischen 2021 und 2027 erhalten sollte, einfroren. Gleichzeitig wiesen sie die EU an, keine neue finanzielle Vereinbarung mit öffentlichen ungarischen Stiftungen, die dem 2021 verabschiedeten ungarischen Gesetz entsprechend gegründet wurden, oder mit einer juristischen Person, die eine solche Stiftung unterhält, abzuschließen.
Im Jahr 2020 nahmen nach Angaben der Europäischen Kommission 22.622 ungarische Lernende und Lehrende an einem Erasmus+-Austausch in den Bereichen Hochschulbildung, Berufsbildung, Schulbildung oder Erwachsenenbildung teil, dafür standen EU-Mittel in Höhe von insgesamt 40,45 Millionen Euro zur Verfügung. Die prestigeträchtige ungarische Corvinus-Universität (früher: Budapester Wirtschaftsuni; noch früher: Karl-Marx-Universität für Volkswirtschaft), die inzwischen einen „Modellwechsel“ vollzogen hat und nun von einer öffentlichen Stiftung geleitet wird, gehörte zu den drei Universitäten, die die meisten Teilnehmer entsandten. Die Corvinus wird auch von der Entscheidung über „Horizon“ schmerzlich getroffen: Zwischen 2014 und 2020 erhielt die Universität 3,6 Millionen Euro an Horizon 2020-Forschungsgeldern für 11 ihrer Projekte.
Neben der Corvinus-Uni sind auch die Ungarische Universität für Landwirtschaft und Biowissenschaften, die Universität für Veterinärmedizin, die Semmelweis Maedizin-Universität, die Universität für Theater- und Filmkunst (an der nur mehr Fidesz-treue Kunstschaffende unterrichten), die Ungarische Universität für Leibeserziehung und Sportwissenschaften, die Óbuda Universität und alle großen Universitäten außerhalb Budapests, darunter jenen in Debrecen, Szeged, Pécs, Miskolc, die Széchenyi István Universität in Győr und die Universität Sopron betroffen.