In Vorbereitung auf die im Frühjahr 2022 anstehenden Parlamentswahlen hat man heute einen Gummiparagraphen durch die Volksversammlung gewunken, der es ermöglicht, sich an einem fiktiven Wohnsitz anzumelden und an diesem Wohnort seine Stimme abzugeben. Dem Stimmentourismus ist damit Tür und Wahlurne geöffnet. Klingt absurd? In Ungarn ab heute Gesetz.
Der Wohnsitz werde durch dieses neue Gesetz auf eine Art Kontaktadresse reduziert, und der Staat erwarte nicht, dass die Bürger an ihrer Meldeadresse wohnten, erklärte die Gesellschaft für Freiheitsrechte, TASZ. Damit werde auch der fiktive Charakter des offensichtlich fiktiven Wohnsitzes im rechtlichen Sinne beseitigt.
Im Rahmen desselben Gummiparagraphen wird auch ein Abschnitt des Strafgesetzbuchs über die Fälschung öffentlicher Urkunden geändert, sodass jeder einen Wohnsitz auf einem Grundstück, das ihm gehört oder das er mit Zustimmung des Eigentümers benutzt, ohne strafrechtliche Sanktionen eintragen lassen kann. Das kann er auch machen, wenn von vornherein klar ist, dass er oder sie dort nicht wohnen wird. Mit anderen Worten: Die Anmeldung eines fiktiven Wohnsitzes oder die Mitwirkung daran ist nicht mehr strafbar.
Was heißt das in der Praxis?
Verschiedene ungarische Medien haben mehrfach berichtet, dass ukrainischen Minderheitenungarn im Komitat Szabolcs, in Ostungarn, gefälschte Meldeausweise ausgestellt wurden, so waren beispielsweise in einem Haus in Tornyospálca dreihundertvierzig Bewohner gemeldet. Sie hatten sich gemeldet, um in Ungarn das Wahlreicht ausübung zu können. Bei den Parlamentswahlen 2018 und den Kommunalwahlen 2019 in Nordostungarn fanden die Behörden zahlreiche Beweise für Wahltourismus, es wurden aber nur zwei Bürgermeister und ein Gemeindemitarbeiter angeklagt, Mitarbeiter staatlicher Stellen wurden nicht zur Rechenschaft gezogen.
Die Gesetzesänderung bedeutet, dass Personen und ihre Helfer, die sich in Ungarn melden, nur um dort bei Wahlen ihre Stimme abzugeben, in Zukunft nicht strafrechtlich belangt werden können, so die TASZ.
Somit können ohne die Gefahr der Strafverfolgung Stimmen gekauft werden, Personen, ja ganze ausländische Dörfer organisiert zur Abstimmung transportiert werden.
Quellen: nyugatifeny.hu, TASZ